Ein abwechslungsreiches Fachprogramm mit den Themenschwerpunkten Einsatzberichte, Erkenntnisse aus der Forschung, Einsatzplanung, Ausbildung und Verkehr der Zukunft erlebten die rund 150 Teilnehmer beim 11. Kommandanten-Forum auf dem Campus Sursee im Schweizer Kanton Luzern. Der Magazinbeitrag fasst Erkenntnisse aus unserer zweieinhalbtägigen Veranstaltung für Feuerwehrführungskräfte zusammen.
Mit brennendem Fahrzeug aus dem Tunnel fahren?
Zwei Einsatzberichte wurden am Kommandanten-Forum geschildert und diskutiert. Ein Ereignis betraf den Rennsteigtunnel, der mit einer Länge von fast 8 Kilometern der längste Strassentunnel Deutschlands ist. Am 8. Februar 2024 bemerkte ein LKW-Fahrer, nachdem er rund zwei Kilometer in den Tunnel eingefahren war, dass sein Fahrzeug Feuer gefangen hatte. Nach einem erfolglosen Löschversuch stieg er wieder ein und fuhr den mit PKW beladenen, am Heck brennenden LKW 5,7 Kilometer aus dem Tunnel heraus. Eine Entscheidung, die die Feuerwehr vor Probleme stellte: Der Tunnel wurde komplett verraucht. Der Film «LKW-Fahrer verhindert Tunnel-Katastrophe» des MDF schildert ausführlich das Ereignis, zeigt Aufnahmen der Tunnelkameras und lässt Tunnelverantwortliche zu Wort kommen, die das Ereignis kritisch bewerten.

Dennis Kummer, Amtsleiter, und Marko Gottschalk, Leiter Fachbereich Einsatz der Feuerwehr Suhl, schilderten bei unserem Kommandanten-Forum den Einsatz aus Perspektive der Einsatzkräfte. In der Diskussion des Beitrags wurde die recht schwierige Frage aufgeworfen: Wie verhalten sich Fahrzeugführer ideal, wenn ihr Fahrzeug im Tunnel Feuer fängt? Als sinnvoll wurde die Ausfahrt aus dem Tunnel bewertet, wenn das Fahrzeug bereits den letzten Notausgang oder die letzte SOS-Nische passiert hat und das Portal in Sichtweite ist. Wenn aber – wie beim Brand im Rennsteigtunnel – der Weg aus einem Tunnel noch lang ist, sahen es die Feuerwehrführungskräfte als ratsam an, möglichst eine Pannenbucht mit SOS-Nische anzusteuern, einen Notruf abzusetzen und den Tunnel über den nächsten Notausgang zu verlassen.
Zugbrand mit unbekannten Gefahrstoffen
Einen Güterzugbrand in Wunstorf (D) nahe Hannover in der Nacht zum 26. September 2023 schilderten Dennis Heidorn, stellvertretender Ortsbrandmeister, und Marvin Nowak, Pressesprecher der Stadtfeuerwehr. Auch wenn sich der Brand nicht in einem Tunnel ereignete, haben wir uns entschieden, ihn im Kommandanten-Forum zu thematisieren. Bahnereignisse sind selten. Für Feuerwehren ist es aufgrund der geringen Erfahrungen wichtig, sich über grössere Brandereignisse auszutauschen. Der Einsatzbericht wird daher auch Thema bei unserem 13. Online-Forum am Mittwoch, 18. Juni 2025, sein.

Ein häufiges Problem an Bahnstrecken zeigte sich auch in Wunstorf: Der Zugang zum Gleisbereich war aufgrund einer Lärmschutzwand sehr schwierig, was die Erkundung und die Brandbekämpfung erschwerte. Kritisch war die Frage, welche Gefahrstoffe der Zug geladen hatte. Zeitweilig stand die Frage im Raum, wie neben mehreren Pflege- und Altenheimen eine psychiatrische Einrichtung mit Massregelvollzug evakuiert werden könnte. Entwarnung gab es, als die Ladung des Sattelaufliegers bekannt war und die Gefährdung geringer war als befürchtet. Nur Bewohner in unmittelbarer Nähe des Brandortes wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Etwa zwei Stunden nach der ersten Alarmierung war das Feuer unter Kontrolle. Insgesamt wurden 180 Einsatzkräfte und 23 Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr aufgeboten.
Leistbare Eindringtiefe im Bahntunnel grösser als erwartet
Beide am Kommandanten-Forum referierten Versuchs- und Forschungsprojekte lieferten entlastende Informationen für Feuerwehren. Zunächst berichtete Marc Stielow, Stellvertretender Referatsleiter im Thüringer Innenministerium, zusammen mit Fachbereichsleiter Patrick Wagner und Fachlehrerin Lara Simon, beide von der Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule, von einer umfangreichen Versuchsreihe im Augustaburgtunnel. Ziel war es, die effektive Eindringtiefe bei einem Ereignis in einem Bahntunnel zu ermitteln.

Die Einsatzkräfte drangen mit Doppelflaschengeräten unter einsatznahen Bedingungen und unter Beachtung der Sicherheitsregeln in den Tunnel ein. Im Ergebnis zeigte sich, dass in dieser Versuchsreihe unter den gegebenen Umständen die leistbaren Eindringtiefen deutlich grösser waren als bisher angenommen. Gemessen wurde zudem, dass das Atemminutenvolumen im Verlauf des Einsatzes sank. Deutlich warnten die Referenten vor einer falschen Schlussfolgerung aus ihren Messungen: Sie bedeuteten zwar im vorliegenden Versuchsfall mehr Sicherheit für Einsatzkräfte als erwartet. Es wäre aber völlig falsch, daraus zum Beispiel zu folgern, dass grössere Notausgangabstände in Bahntunneln ausreichen würden. Die Notausgänge dienen primär der Selbstrettung, und die Situation von Fahrgästen bleibe von den Versuchsergebnissen unberührt. Das Didaktik- und Entwicklungsteam der International Fire Academy wird sich in einer der kommenden Sitzungen mit den Versuchsergebnisse beschäftigen um zu prüfen, welche Bedeutung sie für die Ausbildung bzw. die Kommunikation der Einsatzlehre haben.
Gefahr durch Wasserstoffaustritt in Tunneln und Tiefgaragen
Gefahren durch einen Wasserstoffaustritt aus einem Fahrzeug in Tiefgaragen und Tunneln waren Thema des zweiten Berichts. Die Berechnungen und Versuche der Forschungsstelle Brandschutztechnik am Karlsruher Institut für Technologie sind auf dem YouTube-Kanal der Forschungsstelle dokumentiert. Dietmar Schelb informierte über die aktuellen Ergebnisse. Nach einem Wasserstoff-Austritt strömen zündfähige bzw. kritische Wasserstoff-Luft Gemische grundsätzlich nach oben und sammeln sich unter der Decke. Daraus folgt, dass Messungen der Wasserstoffkonzentration mit einem Gaswarngerät auf Kopfhöhe nicht aussagekräftig sind.

Auch in einem Tunnel geschieht genau dies: der Wasserstoff breitet sich unter der Decke in beiden Richtungen aus. Ohne Ventilation liegt laut Versuchsergebnissen nach circa einer Minute kein zündfähiges Gemisch mehr vor. Das Fazit: Bei einem Unfall mit unmittelbarer, vollständiger Wasserstoff-Freisetzung werden die Einsatzkräfte, die erst einige Minuten später eintreffen, kaum mehr in Gefahr sein.
Schon jetzt an den Verkehr der Zukunft denken
Annähernd 1,5 Milliarden CHF investiert das Schweizer Bundesamt für Strassen ASTRA ausgehend von 2008 bis 2035 in die Sicherheit von Tunneln. Der grösste Teil dieser Investitionen in Tunnellüftung, Fluchtwege, Signalisation und Energieversorgung wird bis Ende 2027 abgeschlossen sein. Mit diesen Zahlen verdeutlichte Valentina Kumpusch, Vizedirektorin des ASTRA, die Anstrengungen, um Ereignisse in Tunneln zu vermeiden bzw. deren Ausmass zu reduzieren.

Doch wie entwickelt sich der Verkehr der Zukunft? Das ASTRA geht davon aus, dass der Anteil des von Autos verursachten Individualverkehrs zurückgehen wird zugunsten des öffentlichen Verkehrs und der Nutzung von Velos. Der Anteil der Fussgänger wird vermutlich leicht steigen. Eine Herausforderung liege daher in der Planung von Strassen und Plätzen, die sich nicht mehr am Verkehr von heute orientiert, sondern an den Anforderungen der Mobilität der Zukunft.
Unterirdische Verkehrswege für den Gütertransport?
Wie die Zukunft der Versorgung von Städten mit Gütern aussehen könnte, skizzierte Laurent Magnin, Bereichsleiter Mechatronics, am Beispiel des Projektes Cargo Sous Terrain (CST). Die Planung sieht vor, dass die angeschlossenen Städte über zusätzliche unterirdische Verkehrswege versorgt werden und die Umwelt entlastet wird. Tunnel führen zu den Logistik-Hubs, wo die Waren über einen Schacht an die Oberfläche transportiert und von dort verteilt werden sollen.

Derzeit wird eine erste Tunnelstrecke von 75 Kilometern zwischen Härkingen und Zürich Flughafen geplant. Als Tunnelfahrzeuge sollen autonom fahrende Systeme eingesetzt werden, so dass sich im Regelbetrieb keine Personen im Tunnel befinden sollen. Die Prüfung des Brandschutzes wurde über die Feuerwehr Koordination Schweiz an die Feuerwehrinspektoren der drei angeschlossenen Kantone Zürich, Solothurn und Aargau delegiert. Feuerwehreinsätze im Tunnel sind bei diesem Zukunftsprojekt nach bisheriger Planung nicht vorgesehen.
Einsatzplanung als Dauerthema bei Tunnelprojekten
Die Einsatzplanung für «klassische» Tunnelprojekte thematisierten drei Vorträge. Sie zeigten: Tunnel sind komplexe Anlagen, für die Feuerwehren eine individuelle Einsatzplanung und Ausbildung erarbeiten müssen. Beim Elbtunnel (D) als Teil der Küstenautobahn A20 entstand ein grosser Teil des Planungs- und Organisationsaufwands daraus, dass tagsüber in nächster Nähe des Tunnels keine ausreichende Anzahl an Atemschutzgeräteträgern verfügbar ist. Bereits 2007 wurde ein Arbeitskreis Tunnelsicherheit gegründet. Hans-Christian Willert, Innenministerium Schleswig-Holstein, und Sven Tießen, Gemeindewehrführer der Feuerwehr Glückstadt, berichteten, wie viel Energie seitdem in Gutachten, Workshops und Gerichtsverfahren geflossen ist.

Die Entscheidung für die Einrichtung einer hauptamtlichen Wache in Glückstadt ist noch nicht gefallen, auch wenn mit dem Bau des Elbtunnels bereits begonnen wurde. Das Dilemma kann viele Feuerwehren treffen: Tunnelplanungen orientieren sich am Verkehr und nicht an den Möglichkeiten der örtlichen Einsatzkräfte.
Einsatzplanung für den Brandbergtunnel bei Freiburg (D)
Die Länge eines geplanten Tunnels liefert in der Regel keinen Massstab für den Aufwand, der für Feuerwehren mit einem solchen Bauprojekt verbunden ist. Christian Leiberich, Kreisbrandmeister im Kreis Emmendingen, berichtete von den Erfahrungen aus der Bauphase des Brandbergtunnels (D) zwischen Freiburg im Breisgau und Freudenstadt. Der Tunnel von 881 Meter Länge wurde von September 2019 bis September 2024 als Ortsumfahrung der Gemeinde Winden im Elztal gebaut. Die örtliche Gemeindefeuerwehr hat rund 30 aktive Mitglieder – mit begrenzter Tagverfügbarkeit.

Der Vortrieb erforderte aufgrund einer Belastung mit asbesthaltigem Amphibolit ein stringentes Arbeitsschutzkonzept. Das erweiterte das Repertoire an Vorschriften und reduzierte die Möglichkeit von Tunnelbegehungen. Solange die Mineure am Werk waren, gab es eine extern gestellte Rettungseinheit. Ab dem Durchschlag lag die Aufgabe der Rettungseinheit bei den örtlichen Feuerwehren – mit der Herausforderung, dass in der Ausbauphase unterschiedliche Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle tätig waren.
Einsatztaktik und Ausbildung für den Michaelstunnel in Baden-Baden (D)
In seinem Rückblick auf 30 Jahre Einsatzplanung und Ausbildung für Einsätze im Michaelstunnel in Baden-Baden verdeutlichte der langjährige Feuerwehrkommandant Martin Buschert, dass auch mit der Inbetriebnahme die Auseinandersetzung mit einem Tunnel nicht endet. Bis 2011 hatten die Notausgänge in dem seit 1989 genutzten Tunnel Abstände bis zu 900 Meter. Für das Absuchen verrauchter Bereiche waren die Trupps daher mit Regenerationsgeräten ausgestattet.

2011/12 wurde der Michaelstunnel saniert. Die Abstände zwischen den Notausgängen wurden auf 300 Meter reduziert. Neben einer flächendeckenden Videoüberwachung wurde ein Lüftungssystem eingebaut, dass die Bedingungen für die Selbstrettung verbessert. Während der Bauphase stellte die Feuerwehr Baden-Baden die Rettungswehr – mit einem Vorlauf von wenigen Monaten. Nach der Sanierung galt es, die Einsatzplanung erneut zu überarbeiten, um sich auf die neuen Einsatzbedingungen einzustellen und die Einsatzkräfte entsprechend schulen zu können. Der Tunnel als Dauerthema: Nach jeder Veränderung einer Tunnelanlage muss der Einfluss auf die Arbeit der Feuerwehren geprüft werden.
Ausbildung in Kooperation mit Notfallmanagern der Bahn
Mehrfach wurde bei unseren Kommandanten-Foren in der Vergangenheit die Empfehlung ausgesprochen, dass Feuerwehren mit einem Bahntunnel in ihrem Einsatzgebiet für ihre Ausbildung frühzeitig das Notfallmanagement der Bahn kontaktieren sollten. Die Feuerwehr Ulm (D) setzte diese Empfehlung um. Brandamtsrat Marc Reisle berichtete jetzt von den positiven Erfahrungen der Kooperation und den Möglichkeiten zu vielfältigem Erfahrungsgewinn für die Vorbereitung auf Einsätze im Albabstiegstunnel als Teil der Neubaustrecke Stuttgart 21.

Bereits in der Bauphase, zwei Jahre vor der Inbetriebnahme, begann die Zusammenarbeit mit dem Notfallmanagement der Deutschen Bahn (DB) parallel zur Erstellung des Einsatzplans und der internen Schulung. Erfahrungswissen der Notfallmanager konnte dadurch in die Ausbildung einfliessen. Zudem waren mit einer Vorlaufzeit von circa vier Wochen praktische Übungen an Bahnwagen möglich, die durch den Notfallmanager der DB bereitgestellt wurden. Das Fazit: «Ohne die Zusammenarbeit wäre diese Art der Ausbildung, welche notwendig ist, nicht möglich.»
Ausbildung mit kontrolliertem Risiko
Die Stiftung Campus Sursee ist nicht nur Tagungsort, sondern auch ein Ausbildungszentrum für die Baubranche mit Baugelände, Werkhof und grossem Maschinenpark. Davon liessen sich Jan Bauke, Ausbildungschef Schutz und Rettung Zürich, und Heinz Liebhart, Bereichsleiter Ausbildung Feuerwehr der Gemeindeversicherung Kanton Zürich, zu einer kleinen praktischen Übung inspirieren: Sechs Teilnehmer des Kommandanten-Forums durften einen Kameraden retten, der von einer an einem Kran hängenden Last drohte erschlagen zu werden. Den «Einsatzkräften» war unmittelbar klar, von welchen Gegenständen an der «Einsatzstelle» eine Gefährdung ausgehen könnte und von welchen nicht. Wie aber lässt sich ein solches Erfahrungswissen vermitteln?

Mit ihrem humorvoll moderierten Ausflug in die Bauwelt erinnerten die beiden Referenten daran, dass eine völlig gefahrenfreie Ausbildung von Feuerwehrangehörigen ihr Ziel verfehlen würde. Wenn «Risiko unser Geschäft ist», dann ist das Einschätzen von Gefahren in der praktischen Ausbildung wesentlicher Lerninhalt. Entscheidend sind eine erfahrene, aufmerksame Begleitung und eine vereinbarte eindeutige Kommunikation, um eine Übung bei einer Gefährdung sofort unterbrechen zu können.
Planspielübungen mit herausfordernden Szenarien
Praktisch ging es dieses Mal auch bei der Exkursion zu. Besucht wurde die International Fire Academy in Balsthal. Dort hatten die Teilnehmer des Kommandanten-Forums nicht nur die Möglichkeit, die Übungsanlagen zu besichtigen, sondern auch in taktischen Planspielen Vorgehensweisen engagiert zu diskutierten.

Im kommenden Jahr wird das Kommandanten-Forum in Innsbruck (A) durchgeführt. Der Termin steht bereits fest: 18. bis 20. März 2026. Interessierte, die bislang noch nicht eingeladen werden, können sich im Bereich «Wissen» auf unsere Website registrieren und nach erfolgter Anmeldung uns eine Anfrage zur Anmeldung stellen.

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