UVA-Einsätze verlangen besonders grossen Koordinationsaufwand
Die Einsatztaktik der International Fire Academy für die Bewältigung von Ereignissen in Verkehrstunnel sieht standardmässig den Zweiseitenangriff vor. Damit müssen bereits von der ersten Alarmierung an mindestens zwei Feuerwehren (oder Abteilungen einer Wehr) miteinander koordiniert werden. Das bringt für die Einsatzleiter aufgrund der Distanz zwischen den Portalen einige Herausforderungen mit sich.
Ein gemeinsames Lagebild entwickeln
Bei Tunneleinsätzen können sich die Einsatzleiter meist nicht an einem gemeinsamen Ort zur Lagebesprechung treffen. Folglich sieht der Abschnittsleiter auf Portalseite A womöglich ganz anderes (beispielsweise dichten Rauch aus dem Portal quillen) als jener auf Portalseite B (beispielsweise kein Rauch). Solche wichtigen Informationen müssen sofort kommuniziert werden. Nur dann haben die Einsatzleiter die gleiche Vorstellung über An- und Abströmseite und nur dann können sie ihre taktischen Entscheidungen aufeinander abstimmen. Hier klingt das ganz einfach. In der Praxis jedoch stehen Einsatzleiter unter massivem Zeit- und Entscheidungsdruck und sind mit ihren «eigenen Problemen» mehr als ausgelastet. Deshalb trainieren wir mit ihnen im Taktikzentrum, ständig die andere Portalseite mitzudenken und sofort alle für die Kollegen relevanten Informationen weiterzugeben.
Was dort rechts ist, sieht hier wie links aus
Was auch trainiert werden muss, ist unmissverständliche Kommunikation. Denn wer zum Beispiel aus Sicht von Portalseite A nach links marschiert, geht aus Sicht von Portalseite B möglicherweise nach rechts. Deshalb wird intensiv geübt, eindeutig zu kommunizieren, beispielsweise indem gefunkt wird «Wir gehen von Notausgang 12 in Richtung Portal A».
Koordination mit Partnerorganisationen
Besonders herausfordernd ist die Koordination mit Partnerorganisationen, etwa bei Einsätzen in Bahntunneln mit Vertretern der Eisenbahn-Infrastrukturbetreiber. Teilen diese mit, der Betrieb sei eingestellt, könnten Feuerwehrangehörige meinen, es bestünde keinerlei Gefahr mehr. Tatsächlich muss auch nach der Betriebseinstellung immer mit Fahrzeugen gerechnet werden, beispielsweise einem herannahenden Lösch- und Rettungszug. Solche schwerwiegenden Missverständnisse sind nur zuverlässig zu vermeiden, indem die Beteiligten bereits vor dem Einsatz intensiv miteinander kommunizieren. Deshalb wirken an unseren Schweizerischen Bahn-Führungskursen auch Einsatzleiter der Eisenbahn-Infrastrukturbetreiber und zum Beispiel Chefs von Lösch- und Rettungszügen mit.
Einsatzkommunikation trainieren
Das Taktikzentrum der International Fire Academy in Balsthal bietet die idealen Voraussetzungen, um die Einsatzkommunikation zu trainieren. Es besteht aus drei Räumen, in denen auf Projektionstischen die beiden Portalseiten und das Innere des Tunnels als Planspiel dargestellt werden. Sind die Türen geschlossen, können die drei Bereiche nur noch über Funk miteinander kommunizieren, was bei den ersten Planspielen stets zu Chaos führt. Aber schon nach wenigen Durchgängen lernen alle Kursteilnehmer, wie wichtig eine intensive und präzise Kommunikation ist und wie diese mit Konzentration und (Funk-)Disziplin erreicht wird.