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Löschangriff ohne Wasser bei Baumaschinenbrand im S21-Tunnel

In einer Tunnelbaustelle brennt eine Baumaschine. Das umliegende Gestein besteht aus Anhydrit, das bei Kontakt mit Wasser zu Gips aufquillt. Deshalb bat der Oberbauleiter die Feuerwehr, nicht mit Wasser zu löschen. Das war eine der relevanten Herausforderungen für die Feuerwehr Stuttgart bei einem Einsatz, über den Michael Czech von der Branddirektion Stuttgart beim 12. Online-Forum der International Fire Academy berichtete.

Angriffswege lang oder blockiert


Am 10. April 2019 meldete die Rettungswehr der Tunnelbaustelle Stuttgart 21 den Brand einer Baumaschine. Bereits sechs Minuten später trafen die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr Stuttgart an der Einsatzstelle ein und fanden folgende Lage vor: Es brannte eine Betonspritzmaschine mit 300 Liter Hydrauliköl und 120 Liter Diesel in der Röhre 61. Der Rauch breitete sich in Richtung Hauptbahnhof aus. Der Angriffsweg betrug rund 670 m. Ein Angriff über die nicht betroffene Röhre 62 erwies sich als schwierig, weil diese durch eine grosse Baumaschine blockiert war. Deshalb entschied die Einsatzleitung, den Angriff trotz der teilweisen Verrauchung durch die Röhre 61 vorzutragen.

Erschwerter Löschangriff ohne Wasser

Da das Tunnelgestein im Bereich der Brandstelle aus Anhydrit besteht, bat der Oberbauleiter, Pulver- und CO2 als Löschmittel einzusetzen. Denn unter Wassereinwirkung quillt Anhydrit auf, was zu Instabilitäten des Tunnelgesteins führen kann.

Nachdem sichergestellt war, dass keine Personen in Gefahr sind, entschied die Einsatzleitung, kein Wasser einzusetzen, obwohl die Brandbekämpfung dadurch erheblich verzögert wurde. Die vor Ort stationierten Pulverlöscher waren schnell aufgebraucht, weshalb grosse Mengen mobiler Pulverlöscher herbeigeschafft werden mussten. Die Löschwirkung war begrenzt. Der Brand flammte immer wieder auf.

Brennende Maschine abgeschleppt


Nachdem der Brand weitgehend unter Kontrolle gebracht war, schleppten die Einsatzkräfte der Feuerwehr Stuttgart und der Rettungswehr die teilweise noch brennende Baumaschine in einen Bereich, in dem Wasser eingesetzt werden konnte, ohne das Tunnelgestein zu beeinträchtigen.

Etwas mehr als vier Stunden nach dem Eintreffen an der Einsatzstelle war der Brand vollständig gelöscht. Das war zwar ein ungewöhnlich hoher Zeitaufwand für das Löschen eines Baufahrzeugs, erklärt Michael Czech, aber nur durch den Verzicht auf Wasser als Löschmittel konnten Schäden an der Tunnelstruktur erfolgreich vermieden werden. Entscheidende Voraussetzung dafür war allerdings, dass zuvor sichergestellt worden war, dass keine Menschen in Gefahr sind.

Hohe Flexibilität ist hilfreich


Zu den wichtigen Erkenntnissen aus diesem Einsatz zählt Michael Czech die Erfahrung, dass von der Einsatzplanung abgewichen werden kann, wenn sich dadurch bessere Bedingungen erzielen lassen. So wurde die Einsatzleitung nicht am Leitstand positioniert, sondern nahe an einem Zugang zum Tunnel, was vorteilhafte kurze Wege mit sich brachte.

Als hilfreich bewertet Michael Czech den Einsatz von Tablets und Smartphones, um anderen beteiligten Einsatzkräften schnell Bilder von der Einsatzstelle zu übermitteln oder z. B. Einsatzpläne abrufen zu können. Dadurch kann die (ansonsten rein verbale) Kommunikation zwischen Führungskräften erheblich erleichtert werden.

Schliesslich, so Michael Czech, wurde die Verpflegung der Einsatzkräfte von der Bauherrin übernommen – «und war perfekt».

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