Ein Brand in einem Passagierflugzeug ist zwar selten, aber gefährlich und kann viele Menschenleben gefährden. Die wenigsten Feuerwehrangehörigen haben einen solchen Einsatz je erlebt. Gleichzeitig sind die Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt: Selbst das Begehen eines Flugzeugs ist nur ausnahmsweise möglich, etwa wenn eine Maschine über Nacht gewartet wird. Daher haben inzwischen mehr als 300 Feuerwehrangehörige am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) den Löschangriff in einem Passagierflugzeug virtuell trainiert. Ein Erfahrungsbericht.
Virtuelles Training in der Fahrzeughalle
Fahrzeughalle räumen, Computer starten, Ausrüstung anlegen. In 15 Minuten ist alles fertig für das Training. Die Feuerwehrmänner öffnen die Einstiegsluke zum Flugzeug, heben die Füsse über die Schwelle und sind mit Strahlrohr und Wärmebildkamera mitten im Einsatz. «Es ist sehr realistisch», erläutert Helge Schill, Leiter Aus- und Fortbildung am BER und verantwortlich für die Fachgebiete Grundausbildungen, UVA-Tunnelbrandbekämpfung und VR-Ausbildung. «Wir müssen beispielsweise immer wieder die Ansage machen: Die Sitze sind nicht da, auch wenn ihr sie seht!»
Möglich ist dieses VR-Training durch ein von der EU gefördertes Projekt, an dem sich neben den Berlinern u.a. der Flughafen Athen beteiligte. Dort wurde eine Turnhalle mit QR-Markern in eine Trainingswelt verwandelt. Die technische Umsetzung des international besetzten Projektes leistete das Berliner Unternehmen Illusion Walk.
Interaktion im Team und mit dem Trainer
Bis zu fünf Einsatzkräfte können im Team interagieren. Ihr Trainer beobachtet am Bildschirm den Ablauf der Übung und kann u. a. die Feuer- und Rauchentwicklung steuern. Es stehen verschiedene Szenarien für Boeing- und Airbus-Maschinen zur Auswahl, um auch herstellerspezifische Besonderheiten abbilden zu können. Einen Eindruck davon, wie Feuerwehrangehörige das Training erleben, zeigt ein Video von Illusion Walk.
Der Puls zeigt, wenn es stressig wird
Die gesamte Übung wird am Rechner dokumentiert – inklusive Atemluftverbrauch und dem relativen Puls. «Mit den höchsten Puls haben die Leute, wenn sie eine ordentliche Meldung absetzen sollen», schildert Jim Rüggeberg, Geschäftsführer von Illusion Walk, ein Ergebnis seiner Auswertungen. Dabei greift er auf Daten von mehr als 1'000 Personen zurück, die an den Flughäfen in Berlin und Athen das Programm getestet, damit trainiert oder es als Besucher durchlaufen haben.
Training als Erweiterung der Ausbildung
Helge Schill stellt einen grossen Lerneffekt fest. «Dadurch, dass wir in 30 Sekunden im Szenario drin sind, ist man unter Stress. Die Kollegen müssen über Funk kommunizieren, sich abstimmen und Trupps koordinieren.» Routinen und die Entscheidungssicherheit werden nach seiner Erfahrung hervorragend trainiert. Als Beispiel nennt er die vorrangige Brandbekämpfung, während verletzte Personen Hilfe benötigen.
Ergänzend zum Innenangriff wird in Berlin der Aussenangriff als virtuelles Training für drei Flughafenlöschfahrzeuge entwickelt. Übereinstimmend bewerten Jim Rüggeberg und Helge Schill das VR-Training als Erweiterung der Ausbildung, das keine Brandsimulationsanlage ersetzt, aber zur Entwicklung wichtiger Routinen beiträgt.
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