Eine der grössten Herausforderungen bei Einsätzen in unterirdischen Verkehrsanlagen (UVA) besteht im Transport von fluchtunfähigen Personen über lange Wegstrecken. Ohne Transporthilfen können die Einsatzkräfte schnell an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gelangen. Welche Gerätschaften am besten geeignet sind, hängt von der konkreten Aufgabe sowie der Art und Ausgestaltung der jeweiligen UVA ab. Der nachfolgende Beitrag gibt eine Orientierungshilfe, wie die Frage nach den bestgeeigneten Transporthilfen in der Einsatzvorbereitung geklärt werden kann.
Je länger der Weg, desto anstrengender wird die Personenrettung
Die betreiberseitigen Sicherheitskonzepte für Verkehrstunnel sehen als primäre Rettungsmassnahme die Selbstrettung vor. Sie wird von Feuerwehr-Einsatzkräften unterstützt, indem sie fluchtfähigen Menschen den Weg weisen oder sie aus den Gefahrenbereichen herausführen. Immobile Personen wie Verletzte oder Menschen mit Behinderungen müssen jedoch von Feuerwehrangehörigen in sichere Bereiche verbracht werden. Über längere Distanzen ist es aber kaum leistbar, eine Person einfach zu tragen. Mit jedem Meter Wegstrecke wird die zu rettende Person gefühlt immer schwerer. Ohne Transporthilfen geraten Einsatzkräfte beim Tragen von immobilen Personen rasch an ihre Leistungsgrenzen – zumal unter Atemschutz.
Bemessungsszenario: Rettung einer Person aus dem Rauch
Nachfolgend wird die Aufgabe betrachtet, eine gehunfähige Person aus einem verrauchten Bereich eines Strassen- oder Bahntunnels zu retten, indem diese bis zum nächstliegenden Notausgang gebracht wird. In Strassen- und Bahntunneln nach aktueller Norm kann die zu überwindende Distanz 300 bis 500 m betragen, in älteren Bahntunneln mehrere Kilometer. Auf den Weitertransport der Personen auf der sicheren Seite des Notausgangs wird hier nicht eingegangen.
Einfachste Lösung: Schleifen
Die generelle Lösung des Transportproblems ergibt sich aus der Physik: Man gibt einen Teil des Gewichts der Person an den Boden ab. Die einfachste Version ist, die Person über den Boden zu schleifen. Bandschlingen können helfen, den Körper besser zu fassen und weniger leicht an Kleidung und Gliedmassen abzurutschen. Beim Schleifen über Boden und scharfe Kanten kann die zu rettende Person allerdings Verletzungen erleiden. Bei Versuchen der International Fire Academy zeigte sich, dass selbst robuste Brandschutzkleidung nach etwa 50 Meter weitem Schleifen über einen rauen Betonboden bis auf die Haut des «Testkameraden» durchgewetzt war. Schleifen über Strecken von mehreren hundert Metern ist also nicht mit den Grundsätzen des patientenschonenden Rettens vereinbar.
Deshalb schiebt man einen Schutz zwischen Person und Boden, beispielsweise in Form einer Schleifkorbtrage. Der Name verdeutlicht bereits: Dieses Hilfsmittel kann getragen oder über den Boden geschleift werden. Bei richtiger Anwendung (Kopf der Person nach oben, Sichern mit Gurten etc.) können Verletzungen der Transportperson weitgehend ausgeschlossen werden. Aber: Je länger und rauer der Weg, desto stärker wird die Schleifkorbtrage beschädigt. Im Ernstfall kann das hingenommen werden. Im täglichen Übungsbetrieb der International Fire Academy drohte ein kostenintensiver Verschleiss an Schleifkorbtragen.
Rollen statt Schleifen
Nach der Umstellung auf Schleifkorbtragen mit Rollen zeigte sich in unserem Übungsbetrieb schnell, dass diese neben der Materialschonung weitere Vorteile haben: Der Rollwiderstand ist geringer als der Schleifwiderstand; es muss weniger Kraft aufgewendet werden. Dank Rollen schlingert die Trage weniger hin und her als beim Schleifen; sie kann, etwas Übung vorausgesetzt, exakter manövriert werden. Auf unebenen Oberflächen wie etwa Gleisschotter kann das Rollen allerdings schwieriger sein. Dann wird die Schleifkorbtrage nicht gerollt, sondern einfach über den Schotter gezogen.
Für Ecken und Kanten: Schleiftücher und Halbschleiftragen
Ein Nachteil von Schleifkorbtragen: Sie sind starr und relativ lang. Man kommt mit einer Schleifkorbtrage nicht um enge Ecken, wie sie beispielsweise in Reisezugwagen zu überwinden sind. Unter engen räumlichen Verhältnisse haben sich deshalb, zumindest im Übungsbetrieb, Schleiftücher und Halbschleiftragen bewährt. Bei den Halbschleiftragen wird die zu rettende Person teils über den Boden geschleift und teils – an den Füssen – getragen. Sie sind für die zu rettenden Personen weniger komfortabel als Schleifkorbtragen, die Patienten auch besser schützen. Aber dafür bieten Schleiftücher und Halbschleiftragen den Einsatzkräften mehr Flexibilität bei engen räumlichen Verhältnissen.
Kein Mittel taugt für jede Situation
Wie zuvor gezeigt, sind die Transporthilfen nicht für alle Situationen gleichermassen gut geeignet. In Strassentunneln erweisen sich Schleifkorbtragen mit Rollen und Halbschleiftragen praktisch immer als hilfreich und weitgehend problemlos anzuwenden. Für die Rettung aus engen Reisezugwagen dürfte in den meisten Bahntunneln eine Kombination von Schleifkorbtragen mit Rollen für den Einsatz ausserhalb der Züge und Schleiftüchern innerhalb der Züge zielführend sein.
Wahl der Mittel ist Aufgabe der Einsatzvorbereitung
Die Wahl der richtigen Transporthilfen hängt auch von der konkreten Beschaffenheit der Fluchtwege einer UVA ab. Nicht jede Tunnelanlage bietet gut passierbare Rettungswege nach Norm. So gibt es Fluchtwege aus städtischen Bahntunneln, die «irgendwo» in Gebäuden enden, in einem konkreten Fallbeispiel überraschenderweise in einer Grosswäscherei.
Deshalb wird empfohlen, alle Fluchtwege einer UVA zu begehen und darauf zu achten, ob enge Türen, verwinkelte Gänge, steile Treppen, Engstellen und Ähnliches unüberwindbare Hindernisse z. B. für Schleifkorbtragen darstellen. Idealerweise werden entsprechende Test durchgeführt, die mit einer Einsatzübung am Objekt verbunden werden können. Diese sollten für viele Bereiche einer UVA, selbstverständlich in Absprache mit dem Betreiber, ohne Einstellung des Fahrbetriebs realisierbar sein. Da in den Fahrröhren von Strassentunneln oder Bahntunneln kaum Hindernisse zu erwarten sind, kann die Übung auf die Flucht- und Rettungswege ausserhalb dieser Bereiche begrenzt werden. Oft zeigen sich die Probleme am Ende dieser Wege, etwa in Form von Türen oder Treppen.
Was, wie viele und wo?
Sind die für die eigene UVA passenden Transporthilfen gefunden, stellt sich die Frage nach der erforderlichen Anzahl. Die zuvor genannten Transporthilfen eignen sich nur für die Rettung einzelner Personen. Für die Beschaffung ist also nicht massgeblich, wie viele Personen möglicherweise zu retten sein werden, sondern eher, wie viele Such- und Rettungstrupps mit den Transporthilfen in der Erstphase des Einsatzes ausgestattet werden sollen. Zu klären ist dann auch, wo die Transporthilfen gelagert werden. Manche Feuerwehren deponieren sie an geeigneter Stelle in der UVA selbst, andere im Magazin (Feuerwehrhaus), um sie beim Einsatzstichwort Tunnel auf die Fahrzeuge zu verlasten.
Für den Transport einer grösseren Anzahl von Personen aus Gefahrenbereichen heraus ist nur ein feuerwehrspezifisches Transportmittel bekannt: die Lösch- und Rettungszüge (LRZ). Deren Rettungswagen ist überdruckbelüftet und schützt Personen vor Rauch, kann je nach Typ bis zu 80 Personen aufnehmen und aus einem Bahntunnel herausfahren.
Üben, üben, üben – gerne auch mit Spassfaktor
Ob mit oder ohne Rollen, ob Tuch oder Trage: Gerade der Transport von Personen sollte intensiv geübt werden – am besten mit Rollentausch: Wer sich einmal in einer Schleifkorbtrage hat retten lassen, der weiss aus eigener Erfahrung, wie die Transporthilfe patientenschonend zu handhaben ist. Personentransport zu üben ist in der Regel mit einem gewissen Spassfaktor verbunden. Der Nutzen geht über UVA-Einsätze hinaus. So ist beispielsweise auch der Transport einer schweren Person durch steiles schweres Gelände oft erst mit geeigneter und gut beherrschter Transporthilfe möglich.
Grosse Vielfalt weiterer Transportmittel
Die in diesem Beitrag vorgestellten Transporthilfen werden von uns als Standardeinsatzmittel für Strassen- und Bahntunnel vorgeschlagen. Daneben gibt es noch viele Varianten von Transportmitteln wie zum Beispiel Rollpaletten oder motorisierte Draisinen.
Einige Beispiele werden wir in einem späteren Magazinbeitrag, der dann auch hier verlinkt wird, vorstellen.