Der Ausbildungskoffer ist gepackt. Kurz vor der Abfahrt hat Markus Vogt noch die jüngsten Tunnelereignisse in seine Präsentation aufgenommen. Neben dem Laptop liegen dicke Papierrollen und Ausdrucke für Fallbeispiele und Kommunikationsübungen. Information und praktische Ausbildungssequenzen werden sich für die rund 50 Teilnehmer bei der eintägigen Vor-Ort-Schulung abwechseln.
Alle auf einen Stand bringen
«Ich empfehle eigentlich immer eine Vor-Ort-Schulung, wenn das Thema ‹Bewältigung von Ereignissen in Tunneln› im Raum steht, weil ein neuer Tunnel gebaut wird.» Markus Vogt spricht auch aus seiner Erfahrung als Kommandant einer grösseren Feuerwehr. «Es ist vertrauensbildend, wenn die ganze Mannschaft erfährt, vor welchen Herausforderungen sie steht, warum eine spezielle Ausbildung erforderlich ist und wie die Vorbereitung auf Tunneleinsätze aussehen kann.» In seinen Präsentationen geht er auch auf vergangene und aktuelle Tunnelereignisse ein. «Ereignisse in Tunnel geschehen öfters als man üblicherweise wahrnimmt.» Um das bewusst zu machen, hält Markus Vogt seine Präsentationen stets aktuell. So kann es wie in Ostrava passieren, dass er bei einer zweitägigen Schulung im zweiten Ausbildungsblock bereits auf neue Ereignisse hinweist, die sich erst am Vortag ereigneten haben.
Ein grosser Vorteil ist die Gruppengrösse
Gruppen mit 40 bis 50 Teilnehmern sind für die Schulungen vor Ort optimal. Mit ihnen lassen sich auch die Fallbeispiele von Tunnelereignissen wie im Tauern- oder Gotthardtunnel sehr gut bearbeiten. Dabei arbeiten kleinere Gruppen an grossen Tunnelplänen mit Fotos, Zeitschienen und vielen Details zum jeweiligen Ereignis. Die Teilnehmer sollen anhand der dokumentarischen Aufbereitung realer Einsätze die Lage beschreiben und beurteilen, Gefahren für Einsätzkräfte erkennen und ihr taktisches Vorgehen erarbeiten und erläutern.
Alle Informationen zu den Ereignissen wurden von der International Fire Academy in Case Studies erhoben und grafisch für die Übungen aufbereitet. Den Teilnehmern vermittelt diese Aufbereitung sehr eindrucksvoll die Brandentwicklung und den Einsatzablauf.
«In Bremerhaven habe ich so über mehrere Tage die gesamte Feuerwehr ausgebildet.» Bei Berufsfeuerwehren nutzt Markus Vogt bevorzugt die Feuerwache für seine Schulungen. «Dann kann auch die Gruppe, die im Dienst ist, mit reinsitzen.» Bei Freiwilligen Feuerwehren kann der Termin auch auf ein Wochenende fallen.
Probleme und Handlungsbedarf frühzeitig erkennen
«Nach der Schulung wissen alle, was ein Ereignis im Tunnel von einem Alltagsereignis wie einem Gebäudebrand unterscheidet, welche Sicherheitseinrichtungen es in Tunneln gibt und wie wir ausbilden.» Wenn die Rückmeldung lautet: «Jetzt haben wir mehr Probleme als vorher», sieht Markus Vogt das nicht negativ. Er weiss dann, dass die Schulung aufgezeigt hat, worauf die Feuerwehr achten sollte und was noch zu tun ist. Und wenn die Tunnelanlage taktisch oder technisch besonders herausfordernd ist, können Feuerwehren vor der weiteren Ausbildung mit einem Workshop am Standort oder an der International Fire Academy die zentralen Fragen klären und eine anlagenspezifische Taktik entwickeln.
Tische, Stühle und ein Beamer
Trotz der praktischen Übungseinheiten benötigt Markus Vogt wenig Infrastruktur für sein Programm: einen Raum, Sitzplätze für alle Teilnehmer, einen Beamer und Tische für die Fallbeispiele. Alles andere bringt er mit. Der erste Kontakt kommt meist per E-Mail oder Telefon zustande. Markus Vogt schildert im Erstgespräch gerne, wie eine Vor-Ort-Schulung üblicherweise abläuft. Zum Termin empfiehlt er, alle politischen Akteure und Verantwortlichen in Sachen Tunnel einzuladen – vom Bürgermeister über den Sicherheitsbeauftragten bis zum Bauherrn. «Wir verraten ja kein Geheimnis, wenn wir erläutern, warum wir jetzt über Ausbildung sprechen, obwohl die Feuerwehr ausgebildet ist und bisher ja ihren Job macht.» Der besonderen Gefahren und Herausforderungen werden sich dennoch manche Entscheidungsträger erst durch die Vor-Ort-Schulung bewusst. Für Feuerwehren ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit bei Tunneleinsätzen.