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Brennende Elektro-Fahrzeuge im Tunnel: Erkenntnisse für den Einsatz

Realbrandversuche mit modernen Elektro-Fahrzeugen werden aufgrund der hohen Kosten selten durchgeführt. Daher sind die Erkenntnisse aus dem österreichischen Forschungsprojekt «BRAFA» besonders wertvoll: Zwischen 2019 und 2021 wurden im Zentrum am Berg in Leoben die Brandauswirkungen moderner Elektro-PKW im Tunnel untersucht. Dabei konnten in Kooperation u. a. mit dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband und der Berufsfeuerwehr Linz auch verschiedene Löschtechniken getestet werden. Prof. Peter Sturm von der TU Graz berichtete am 6. Online-Forum der International Fire Academy über die Forschungsergebnisse.

Freisetzung von Fluorwasserstoff bei Akkumulatoren-Bränden


Für Einsatzkräfte relevant ist die Freisetzung von Schadstoffen beim Brand von Elektro-Fahrzeugen. Deshalb wurden im Rahmen des Forschungsprojektes «BRAFA – Brandauswirkungen von Fahrzeugen mit alternativen Antriebssystemen» auch die freigesetzten Schadstoffe in unterschiedlichen Höhen im Tunnel gemessen. Die Ergebnisse sind in einem ausführlichen Bericht dokumentiert, der auf der Website zum Projekt zum Download zur Verfügung steht.

Die Messergebnisse bestätigen, dass beim Brand von Elektro-Fahrzeugen grössere Mengen an Fluorwasserstoffen freigesetzt werden als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Im Arbeitsbereich der Feuerwehr wurden aber, so Prof. Sturm, in dem mechanisch belüfteten Versuchstunnel keine kritischen Werte gemessen. Erst in einer Höhe von 4,8 bzw. 6,4 m wurden Grenzwerte erreicht bzw. überschritten. Die Situation beim Brand des Akkumulators eines Elektro-Fahrzeugs in einer Tiefgarage sei jedoch anders zu bewerten ist.

Löschversuche mit Löschdecke und Löschlanze


Bei den Realbrandversuchen konnten Feuerwehrangehörige verschiedene Löschtechniken testen. An einem Elektro-Fahrzeug mit brennendem Akkumulator (umgangssprachlich Batterie) zeigte sich wie erwartet: Eine Löschdecke kann die Rauch- und Wärmefreisetzung kurzzeitig reduzieren. Mit ihr kann das Feuer im Akkumulator jedoch nicht erstickt werden, da dieser selbst ausreichend Sauerstoff für den Brand zur Verfügung steht.

Löschlanze ist wirkungsvoll und reduziert Löschwasserbedarf deutlich


Der Einsatz einer Löschlanze wurde aus Kostengründen an einer brennenden vollständigen Bodenplatte eines Elektro-Fahrzeugs und nicht an einem kompletten Elektro-Fahrzeug getestet. Hierzu ist ein Video auf YouTube abrufbar. Die Erkenntnisse aus diesem Versuch: Gelingt der Einsatz einer manuellen oder pneumatischen Löschlanze, ist ein erfolgreiches Kühlen und damit Löschen des Brandes im Akkumulator möglich. Im Vergleich zum konventionellen Kühlen von aussen wird nur ein Bruchteil an Löschwasser benötigt. Dies ist insofern von Vorteil, als das Löschwasser auch beim konventionellen Kühlen eines Akkumulatorenbrandes eine problematische Konzentration an Nickel aufwies. Steht der nicht mehr brennende Akkumulators des Fahrzeugs noch unter Spannung, muss mit einem erneuten Entzünden gerechnet und – beispielsweise für den Transport – entsprechend Vorsorge getroffen werden.

Voraussetzungen für den Einsatz einer Löschlanze

Für den erfolgreichen Einsatz einer Löschlanze müssen nach Angaben von Prof. Peter Sturm drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Einsatzkräfte wissen, wo sich der Akkumulator befindet – bei einem PKW in der Bodenplatte.
  • Sie sind im Umgang mit der Löschlanze geschult.
  • Sie können ausreichend nah an das brennende Fahrzeug herangehen.

Würde beispielsweise ein Elektro-Fahrzeug bei einem Unfall zwischen einem anderen Fahrzeug und der Tunnelwand eingeklemmt, könnte eine Löschlanze nicht eingesetzt werden.

Die technologische Entwicklung der Akkumulatoren kann auch hilfreich sein


Das Forschungsprojekt BRAFA lieferte nun auch Hinweise darauf, dass moderne Akkumulatoren einen höheren Feuerwiderstand aufweisen als ältere Bauarten. Brennt ein Elektro-Fahrzeug, ohne dass der Akkumulator beteiligt ist, dauert es bei modernen Fahrzeugen merklich länger als bei älteren Modellen, bis auch der Akkumulator zu brennen beginnt. Bei einem Elektro-Fahrzeug im Vollbrand brannte der Akkumulator bei einem Versuch auch nach 13 Minuten noch nicht und musste daher für die weiteren Untersuchungen künstlich gezündet werden. Brennt also ein Elektro-Fahrzeug konventionell, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Akkumulator bei Eintreffen der Feuerwehr noch nicht brennt.

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